Farbenrausch im Schweizer Indian Summer

Wieso für den Indian Summer weit wegreisen, wenn er doch gleich vor der Haustür liegt? Auch in der Schweiz lassen sich Wälder in prächtigen Herbstfarben erleben.

Kastanienbäume in Murg am Walensee (SG)

Man braucht nicht in den Süden zu fahren, um im Herbst den Anblick von gelbverfärbten Edelkastanien zu geniessen. In Murg finden die Kastanienbäume dank dem Föhn ein mildes Klima und durch das für die Gegend typische rote Verrucano-Gestein einen sauren Boden, den sie lieben. Gegen 2000 Edelkastanien gedeihen am Walensee – an keinem anderen Ort nördlich der Alpen findet man mehr solcher Bäume. Bis zu 30 Meter hoch und mehrere hundert Jahre alt sind einzelne Exemplare. Auf dem gut ausgeschilderten Kastanienweg in den Murger Wald lässt sich diese Pracht bewundern.


Mont Vully, Murtensee (FR)

Wie ein Pferderücken schiebt sich der Mont Vully zwischen Neuenburger- und Murtensee. Diese exponierte Lage mit dem milden Klima wussten schon die Kelten zu schätzen. Sie haben hier bedeutende archäologische Spuren hinterlassen. Heute wird das Landschaftsbild am südlichen Berghang von rund 150 Hektaren Reben beherrscht. Wenn sie sich im Herbst gelb färben, bietet sich dem Auge vom Oppidum, dem Festungswall, ein grossartiges Panorama von den Berner Alpen über die Freiburger Voralpen bis hin zu den Juraketten auf der Nordseite.


Lavaux (VD)

Am Schönsten ist die Anfahrt mit dem Zug. Wenn man bei Puidoux den Tunnel verlässt, eröffnet sich einem das grandiose Panorama der Rebberge der Lavaux, des Lac Lémans und der Savoyer Alpen. Jedes mal staunt man aufs Neue ob dieser Pracht, erst recht im Herbst. Dann präsentieren sich die terrassenförmig angelegten Rebberge der Lavaux goldgelb im Sandwich zwischen dem Blau des Himmels und demjenigen des Wassers. Noch eindrücklicher: Wenn man mit dem Regionalzug von Puidoux-Chexbres nach Vevey mitten durch die Weinberge fährt, die 2007 ins UNESCO-Welterbe aufgenommen wurden.


Areuse-Schlucht (NE)

Schon fast wie in einem Fantasy-Land fühlt man sich, wenn man von Noiraigues entlang der Areuse Richtung Boudry wandert. Dort, wo sich das Flüsschen den Weg im Gestein gesucht hat, sind tief eingeschnittene Schluchten entstanden. Bei «Saut de Brot» mit der idyllischen alten Steinbrücke erlebt man dieses Schlucht-Erlebnis besonders eindrücklich. Vor allem im Herbst, wenn dazu auch noch die Laubbäume in allen Farben leuchten. Immer wieder verengt sich der Fluss-Lauf, gigantische Felstürme ragen empor und der Weg führt über kleine Brücken oder durch Fussgängertunnels.


Gasterntal, Berner Oberland

Die Herbstzeit ist geradezu prädestiniert, im Gasterntal die verfärbten Laubbäume zu erleben. Das muss nicht gleich eine Tour auf den Lötschenpass oder den Gasterespitz sein. Das Hochtal bei Kandersteg bietet auch weniger anstrengende Wanderungen, wie die Tour vom Berghotel Waldhaus bis nach Selden, die der Kander entlang und vorbei an Bergwiesen und lauschigen Plätzchen führt. Wer in Selden noch weiter gehen mag, macht eine Zusatzschlaufe bis Heimritz und wieder zurück.



Riehen, Basel

Wenn sich die Roteichen in Riehen bei Basel im Herbst in leuchtende Rot- und Orangetöne verfärben, zaubern die Bäume aus Nord­amerika ein Flair von Indian Summer in die Stadt. Die 116 Bäume bilden die längste Roteichenreihe der Schweiz. Dabei handelt es sich nicht eigentlich um eine Allee, sondern um eine Halballee, weil die mächtigen Bäume nur einseitig stehen. Alle drei Jahre erhalten sie einen Schnitt, um in Form zu bleiben und die Betrachter weiterhin zu erfreuen.


Uetliberg, Zürich

Klar, dass man im Business-Modus in der grössten Schweizer Stadt manchmal kaum die Naturschönheiten sieht, die gleich vor der Haustür liegen. Dabei sind sie zum Beispiel in Zürich in nur wenigen Minuten zu erreichen. Rauf mit der Uetliberg-Bahn (oder auch zu Fuss, dann geht’s etwas länger) und schon steht man im Herbst inmitten eines Farbenmeers. Wer Glück hat, befindet sich dann auch gleich noch knapp über der Nebelgrenze und hat das erhabene Gefühl, über der Stadt zu stehen.


Sils Maria, Engadin

Den Goldenen Herbst kann man im Engadin eigentlich überall erleben – von Martina bis Maloja. Besonders eindrücklich aber ist er am Silsersee. Und geradezu magisch ist er auf der bewaldeten Halbinsel Chastè, die wie ein Finger ins Blau des Silsersees hinausragt. Kein Wunder, hat dieser Ort Dichter und Philosophen gleichermassen angezogen. Ein wunderbares Bild: die weiss verzuckerten Bergspitzen, das tiefblaue Wasser des Sees und die gelbfarbenen Lärchen. Wenn diese dann ihre Nadeln abgeworfen haben, findet man mit etwas Glück die runden, haarigen Silser Kugeln, welche durch die Wellenbewegungen am Ufer geformt wurden.


Valle Muggio (TI)

Im Mendrisiotto, am südlichsten Zipfel der Schweiz, versteckt sich dieses Tal, das 2014 die Auszeichnung als «schönste Landschaft der Schweiz» erhielt. Das wildromantische Tal, dessen Gebiet neun Gemeinden umfasst, ist gerade im Herbst einen Besuch wert – dann, wenn sich die Birken, Buchen, Kastanien und Ulmen verfärben. Am besten wandert man auf dem Kastanienpfad, der von Morbio über Caneggio nach Bruzella führt und geniesst dazwischen in den Dörfchen die einheimischen Terroir-Produkte wie eine Polenta aus dem Maismehl der Mühle in Bruzella oder die pfeffrig-würzige Käsespezialität Zincarlin (oder die Variante mit Gin, den Gincarlin).



Aletschwald, Fiesch (VS)

Wenn zwischen den Fichten- und Arvenbäumen die Lärchen im Aletschwald nach den ersten Frostnächten im Herbst ihr gelbes Kleid überziehen, bietet der Grosse Aletschgletscher ein wahres Augenspektakel. Dazu die Alpenrosen, die ihr letztes Rot hergeben und die nahen Walliser und Berner Alpen im Hintergrund. Zu bewundern ist diese farbenprächtige Natur zum Beispiel auf einer abwechslungsreichen Höhenwanderung von der Moosfluh hinunter in den Aletschwald. Und wer Glück hat, wird dabei auch Tannenhäher, Steinadler oder Gämsen und Rothirsche beobachten können.

Zurück zum Blog

Hinterlasse einen Kommentar