Vor­züglich unterwegs im «Blauen Pfeil»

Der dicke, schwarze Zeiger der Bahnhofsuhr springt auf 19.00 Uhr – nur noch wenige Minuten, bis der «Blaue Pfeil» einrollt. Zwischen all den ICE-Zügen fällt der 42  m kurze Doppeltriebwagen nicht nur Eisenbahn-Nostalgikern ins entzückte Auge. Bereits an Bord, winkt die schwarzbeschürzte Küchencrew den Wartenden einladend zu. Heiter steigen sie ein, jedweder Hauch von Hektik bleibt auf dem Perron zurück. Denn es steht eine Bummelfahrt bevor, die nebst Genüssen auch Gemütlichkeit verspricht: Der Retro-Zug bringt maximal 110 km/h auf die Schiene. Der «Blaue Pfeil» ist das letzte noch erhaltene Exemplar seiner Serie, damals im Baujahr 1938 eine technische Meisterleistung. Fachleute und Denkmalpfleger nahmen sich dem Reisezug an, sodass er nach dreijähriger Restauration auf Extrafahrten wieder Geleise unter den Rädern spürt.


Der etwas andere "Speisewagen"


«Der Blaue Pfeil spannt den Bogenvon Nostalgie zu Genuss.»

Während der «Blaue Pfeil» über das Trassee rattert, klappern im Waggon die Teller: Das «Foodbattle» geht mit der «Hangloose-Cooking-Crew» in die zweite Runde. Dieses Jahr wetzen vier Kochteams die Messer und schmecken ihre Speisen ab im Kampf um das beste Menü auf dem historischen Zug. Jeder Gast ist Teil der Jury und benotet die drei Gänge anhand eines Bewertungsbogens. Mit Rüebli-Mango-Cappuccino und Salat setzt Küchenchef Benel Kallen die Genusslatte schon bei der Vorspeise hoch an. Irgendwo zwischen Bern und Thun serviert das scheinbar fliegende Personal sodann Ragout vom Emmentaler Rind mit Kartoffelstock und Gemüse. Auf den narbigen Kunstlederbänken sitzend, staunt man einerseits über die vorbeiziehende Landschaft, andererseits über die Treffsicherheit der Bedienung beim Nachschöpfen der würzigen Sauce. Schliesslich dokumentieren die elegant-weissen Tischtücher jedes Wanken. Zwischen den Abteilen hindurch hat man freie Sicht auf den Lokführer, der den Zug von Hand schaltet und steuert. Draussen ist es mittlerweile dunkel und die fröhlichen Gesichter der Passagiere spiegeln sich in den rechteckigen Fenstern, als das Dessert-Dreierlei auf den schmalen Tischlein gelüstet. Ob Benel Kallen sich mit dem «Nidletäfeli im Glas» die entscheidenden Punkte sichert? Die süsse, rahmige Masse sei im Keller gereift wie ein guter Wein, verrät er. Nach rund zwei Stunden meldet sich das Prachtstück der Eisenbahngeschichte pfeifend zurück in der Hightech-Welt des Bahnhofs Bern. Der nostalgische Zauber klingt nach, mitunter weil die Weingläser weiterklirren, noch lange nach dem letzten Anstossen.

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